Kolumne „Eigels Erfa-Erkenntnisse“ Unternehmerpersönlichkeit: Wie behalte ich einen klaren Kopf, Frau Eigel?

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Eigels Erfa-Erkenntnisse, Mitarbeitermotivation und Unternehmensberater

Andrea Eigel leitet zahlreiche Erfa-Gruppen – und ist somit ganz nah dran am Handwerk. In ihrer neuen Kolumne beantwortet die erfahrene Beraterin Fragestellungen aus der Praxis. Folge 5: Unternehmerpersönlichkeit.

Andrea Eigel leitet zahlreiche Erfa-Gruppen – und ist somit ganz nah dran am Handwerk. In ihrer neuen Kolumne beantwortet die erfahrene Beraterin Fragestellungen aus der Praxis. In der 5. Folge schreibt sie über die Unternehmerpersönlichkeit und wie Unternehmer einen klaren Kopf behalten.
In dieser Ausgabe von Eigels Erfa-Erkenntnisse schreibt die Kolumnistin über die Unternehmerpersönlichkeit und wie Sie einen klaren Kopf behalten. - © Yurii - stock.adobe.com

Ist es nicht erstaunlich? Bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 im eigenen Land scheidet die Heimmannschaft im Viertelfinale aus – und dennoch kippt die Stimmung in Deutschland nicht ins fast schon eingeübt unausweichlich Negative. Im Gegenteil: Die Nation steht in Geschlossenheit hinter dem Team und seinem Coach, glaubt an die Equipe und ihre zukünftigen Erfolge, freut sich auf die nächsten Spiele und das kommende große Turnier in zwei Jahren. Sie werden mir Recht geben: An dieser erstaunlichen Stimmung hat der Bundestrainer, der Kopf und das Gesicht der Nationalelf, einen überragenden Anteil.

Er hat, soweit wir das beurteilen können, im Team klar und authentisch kommuniziert, genauso wie nach außen – seine aufrichtige und emotionale Ruck-Rede nach dem Ausscheiden ist schon jetzt Legende. Dieser Trainerpersönlichkeit ist es offensichtlich gelungen, seine Crew zu einem professionell performenden Ganzen zusammenzuschmieden, dem die Spiellust und das Eintreten füreinander in jeder Minute anzumerken war. Kann also der Kopf einer Mannschaft – ob im Sport oder anderen Disziplinen, in denen Teamleistung der Dreh- und Angelpunkt ist – wirklich so viel ausrichten? Kommt es wirklich so stark auf die Überzeugung der Unternehmerpersönlichkeit, seine Klarheit und seine Fokussierung an?

Wenn der Kopf wieder woanders ist

Zwei Erfahrungen aus aktuellen Erfa-Gruppen und Coachings lassen mich mit einem überzeugten „Ja!“ erwidern. Da war zum einen der Chef eines erfolgreichen Handwerksbetriebs, der in zwei Jahren das Unternehmen an seinen Nachfolger übergeben möchte. In der Austauschrunde seiner Erfa-Gruppe fiel mir auf, dass er wenig von den aktuellen Entwicklungen in seinem Unternehmen berichtete und mehr mit den Plänen für „die Zeit danach“ beschäftigt war. Kurz darauf erfuhr ich von seiner Frau, dass die Auftragslage im Betrieb aktuell nicht zufriedenstellend wäre und sich vor allem die Stimmung im Betrieb spürbar eingetrübt hätte.

Wenige Tage später hatte ich ein Coaching mit der Chefin eines Handwerksunternehmens mit mehreren Filialen. Im Gespräch erzählte sie von ihrer Befürchtung, ihre bislang unangefochtene Topstellung auf ihrem Markt zu verlieren. In den von Geschäftsführern geleiteten Filialteams liefe es nicht mehr so geschmeidig wie gewohnt, der „Drive“ fehle ebenso wie die Ideen, die die einzelnen Geschäfte zu ihrer herausragenden Marktposition verholfen hatten. Außerdem hätte sie derzeit sehr viele private Dinge um die Ohren, die sie in Anspruch nähmen. Könnte es sein, dass ein Teil der Probleme – und damit der Lösung derselben – in einer veränderten Haltung der beiden Unternehmerpersönlichkeiten liegt? Dass die Belange des Betriebs aus ihrem Fokus geraten sind, weil bei beiden andere Themen stark in den Vordergrund gerückt waren? Und dass dadurch ein diffuses Gefühl von Unklarheit und Stagnation in den Betrieben entstanden ist, was an der sich verschlechternden Betriebsklima deutlich ablesbar wurde?

Ich habe den Unternehmer und die Unternehmerin mit diesem Ansatzpunkt konfrontiert. Und nicht nur ihre zunächst erstaunte und dann zustimmende Reaktion hat mich in der Erfahrung bestärkt: In kleinen und mittleren Betrieben steht und fällt vieles mit der Klarheit und Konzentriertheit der Unternehmerpersönlichkeit auf die Unternehmenssache. Mitarbeitende und Kundschaft sind auf diesen „Fixstern“ angewiesen, um mitzuziehen und sich zu begeistern.

Unternehmerpersönlichkeit ist Dreh- und Angelpunkt für Erfolg

Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch äußere Einflüsse – ob Konjunktur, Gesetzesänderungen oder das Wetter – können zu Problemen im Betrieb führen. Doch wenn die Fälle so wie bei diesen beiden Beispielunternehmen gelagert sind, oder andere Gründe zu phasenweiser Motivationslosigkeit der Unternehmenspersönlichkeit geführt haben, lässt sich am Teamchef oder der Teamchefin höchst erfolgreich ansetzen, um das betriebliche Schiff wieder auf Kurs bringen. Bei beiden Beispielunternehmen ist dies schnell und mit direkt spürbarem Erfolg gelungen. Und dazu waren folgende drei Schritte jeweils essenziel.

Drei Schritte zu unternehmerischer Klarheit: So packen Sie’s an!

  1. Machen Sie sich bewusst, wie es aktuell um Ihre Fokussierung auf Unternehmensbelange steht. Viele Menschen merken oft gar nicht, dass sie gerade unklar agieren, in einem Stimmungstief stecken oder tausend andere Dinge als die betrieblichen im Kopf haben. Umso wichtiger ist es, offen für diese Reflexion zu bleiben und wahrzunehmen, was einen gerade vom positiven Chefsein abhält.
  2. Tauschen Sie sich ehrlich mit anderen aus. Besonders gut gelingt dies unter Gleichen in einer Erfa-Gruppe: Hier treffen Sie auf andere Köpfe von Betrieben, denen die Situation vertraut ist und die Sie motivieren können. Ebenso zielführend ist das Gespräch mit einem Coach. Mit ihm oder ihr lässt sich die eigene Situation reflektieren. Sie erhalten Impulse, wie Sie die scheinbar verfahrene Lage konstruktiv betrachten und auflösen können. Weil jeder Mensch anders ist, ist diese persönliche Herangehensweise die zielführende. Allgemeine Erfolgsrezepte lassen sich nicht auf den Einzelnen übertragen.
  3. Entwerfen Sie eine positive Entwicklungsvorstellung von sich und Ihrem Unternehmen. Zusammen mit Ihren Erfa-Kollegen und/oder Ihrem Coach formulieren Sie konkrete Bilder, wie und wo Sie sich und Ihren Betrieb in naher Zukunft sehen. Wichtig ist, dass Sie dies entlang Ihrer persönlichen Bedürfnisse und Ziele tun. Nur wenn Sie zu 100 Prozent dahinterstehen, werden Sie als klar und überzeugend wahrgenommen werden – von Ihrem Team und Ihrer Kundschaft.

Fazit: Mit klarem Kopf zu motivierten Mitarbeitenden und zufriedener Kundschaft

Ob es bei der Unternehmerpersönlichkeit um die anstehende Verrentung geht und dabei die Motivation sinkt, sie in einem Stimmungstief steckt oder anderweitig mit sich hadert: Wenn der Kopf eines Betriebs unklar agiert und keine Vorstellung von den aktuellen Unternehmenszielen hat, ist dies kein stilles Problem der Geschäftsführung. Mitarbeitende und Kundschaft spüren dies. Das Team reagiert darauf mit schlechter Stimmung, weniger Engagement und genereller Desorientierung. Kundinnen und Kunden fühlen, dass die Unternehmerpersönlichkeit nicht bei der Sache ist. Dieses wenig überzeugende Auftreten kostet Vertrauen und sogar Aufträge. Mit der ehrlichen Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeit, der Reflexion des eigenen Mindsets mit geeigneten Sparringspartnern und der Erarbeitung eines neuen, positiven Entwicklungsbilds lässt sich der Hebel wieder umlegen. Sie werden sehen: Erlangt die Unternehmerpersönlichkeit ihre Klarheit und Fokussierung wieder zurück, hat auch der Betrieb wieder einen Lauf!

Über Kolumnistin Andrea Eigel:

Andrea Eigel unterstützt Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte im Handwerk dabei, Kunden und Mitarbeitende zu gewinnen und nachhaltig zu binden – und dabei auch selbst bei Lust und Laune zu bleiben.

Sie hält Vorträge, macht Workshops und Coachings, moderiert Veranstaltungen und leitet seit vielen Jahren Erfa-Gruppen. Nebenberuflich ist sie Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse"
Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse" - © Kaleidoskop Marketing-Service GmbH