Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Regierung, investieren bitte! Wir wollen wissen, wie mit den Steuereinnahmen die Zukunft gestaltet wird

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Als Kunde ist es so Brauch: Was man bestellt, das zahlt man auch! Leider gelten in der Politik wohl andere Grundsätze: Sie bestellen, andere bezahlen. Anders kann man sich verschiedene Vorgänge aktuell nicht erklären. Kolumnistin Ruth Baumann bittet die Regierung in dieser Folge "Neues von der Werkbank“ zur Kasse. Es sei höchste Zeit.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Für gewöhnlich endet ein jeder Besuch in der Gaststätte mit den Worten: „Ich hätte gern die Rechnung, bitte“. Man hat gegessen, getrunken und nun möchte (bzw. muss) man eben seine Schulden bezahlen. Lassen Sie uns dieses kleine Beispiel auf unseren betrieblichen Alltag übertragen. Zwar haben nicht wir oder unsere Mitarbeiter großartig etwas konsumiert, dennoch stellt sich uns die Frage nach der Rechnung beziehungsweise nach dem, was wir aktuell noch (dem Staat) schuldig sind.

Viele haben in letzter Zeit ihr Vertrauen verloren. Versprechen, die nicht eingehalten wurden, Belastungen, die plötzlich noch „obendrauf“ kamen, verstärken bei Firmen und deren Belegschaft den Wunsch, die noch offenen Rechnungen auszugleichen und anschließend das Weite zu suchen. Zunehmend werden auch mittelständische Firmen verkauft (mitunter bleibt nur noch der eingeführte Namen) und gut ausgebildetes Fachpersonal wandert aus. Eine neue Form, Freiheit zu leben.

Entlastungen bei der aktuellen Regierung in weiter Ferne

Man hatte uns einen befristeten Soli versprochen, der immer noch durch verschiedene Steuererklärungen geistert. Man wollte 2005 (?) von den Betrieben einen 13. Monat Sozialversicherungsbeiträge, die aber später, nämlich bei besserer Kassenlage, verrechnet werden sollten. Dies ist allerdings bis heute nicht geschehen! Die zu hoch angesetzten Mautbeiträge sollen rückerstattet werden, die Beweispflicht obliegt dem „Geschädigten“ und die Unternehmen haben sich in Geduld zu üben. Und aus der Einführung eines Mindestlohnes wird zusehends ein Politikum, die die bewährte Tarifautonomie torpediert.

Staatlich verordnete Sonderzahlungen, planwirtschaftliche Deckelungen und ständig steigende Kosten sind nicht die Ausnahme, sondern werden zur Regel. Entlastungen scheinen in weiter Ferne, denn hinter jeder Ecke lauert ein weiterer Griff in die Taschen.

Welche Form der Wärme und Mobilität sind zukunftsfähig?

Die Stromkosten steigen und die Heizkosten sind nicht kalkulierbar. Bis heute weiß man nicht, welche Form der Wärme nun zukunftsfähig, planbar und kostenmäßig erschwinglich sein wird. Wärmepumpen liegen auf manchen Betriebshöfen wie „Blei“, Bestellungen werden storniert bzw. nicht ausgeführt.

Und die Form der künftigen Mobilität, außerhalb des Fahrrades, ist ebenfalls schwammig. Züge, die nicht oder nur verspätet fahren, von anderen Erfahrungen (Klimaanlage, Sitzplatz, Bordbistro…) ganz zu schweigen, lassen den eigenen PKW eine Renaissance erfahren: Platz vorhanden, Sprit verfügbar und Stau garantiert. Wer dies umgehen kann (und will, die CO2-Bilanz interessiert dann mal weniger) nutzt eben den Flieger. So muss man den eigenen Fahrdienst für knappe 200 Kilometer nicht bemühen.

Liebe Regierung, wohin gehen die 1.000 Milliarden Steuereinnahmen?

Infrastruktur, egal welche, zeigt greifbare Abnutzung. Bildung verkümmert zum hehren Ziel, mit greifbarem Personalmangel und knapper finanzieller Ausstattung in der Realität. Die Sozialversicherung droht zu implodieren, da wenige Beitragszahler nicht allein den demographischen Wandel und zugleich die Kostensteigerungen schultern können. Staatlich gewährte Umverteilung und Zuschüsse sind nicht die Lösung, sondern leider nur kosmetisches Trostpflaster.

Günstiger Wohnraum kann nicht durch Versprechen, Mietpreisbremse oder Fördermittel entstehen, während gleichzeitig die Kosten für Unterhalt und Erhalt bereits bestehender Wohnungen kaum planbar sind. Wer wird in einen tot gerittenen Gaul investieren, wenn er nicht weiß, ob hinter der Zielgeraden schon der Metzger wartet?

Wer Rinderfilet zahlt, will keinen Erbseneintopf

Liebe Regierung, zahlen bitte! Wir alle wollen wissen, wie es weiter gehen soll. Was ist konkret mit den Steuereinnahmen geplant? Welche Höhe würde denn künftig ausreichen? Wie sieht unsere (verlässliche und gestaltbare) Zukunft aus? Nur bezahlen, obwohl nicht investiert, sondern nur konsumiert wird? Existiert ein Plan, wie man die angehäuften Schulden überhaupt einmal abtragen will? Die Hinweise auf die zurückliegenden Krisen, wie Verwerfungen auf dem Finanzmarkt, der Pandemie oder gar der Krieg in der Ukraine, sind bei jedem angekommen.

Der Weckruf des ehemaligen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle zur spätrömischen Dekadenz ist fast schon Geschichte. Jetzt brauchen alle aber den Blick nach vorn. Welche konkreten Lösungsansätze folgen den aktuellen Erkenntnissen? Wie will man uns zeigen, dass man verantwortungsvoll mit den hart erarbeiteten Steuern und der Akzeptanz von deren Endlichkeit die Zukunft des Landes gestalten kann? Wer Rinderfilet bezahlt, will auch nicht Erbseneintopf bekommen...

Die Regierung muss jetzt für eine Zeitenwende sorgen!

Bitte jetzt endlich den großen Wurf, die Zeitenwende, die Entfesselung, die Entbürokratisierung oder was auch immer, damit wir und unsere Betriebe spüren, dass wir hier gut und gerne leben können. Denn das bestellen wir mit unserem Steueraufkommen…

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.