Autotest Iveco eDaily 42 S 14 E: Elefant im Stromladen

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Test: Iveco eDaily 42 S 14 E. Groß ­gewachsen, einzigartiger Antrieb, üppige Batterie – der etwas andere E-Transporter. Doch taugt der Stromer auch für den Handwerksalltag?

Länge läuft: Der Daily ist mit einem Radstand von 4.100 Millimetern ein ordentlicher Brocken. Dabei aber überraschend wendig.
Länge läuft: Der Daily ist mit einem Radstand von 4.100 Millimetern ein ordentlicher Brocken. Dabei aber überraschend wendig. - © Randolf Unruh

Jetzt heißt es rangieren: Im Ladepark und erst recht an einzelnen versteckten Statio­nen wirkt der Iveco eDaily 42 S 14 E wie ein Elefant im Porzellan-, nein eher im Stromladen. Gut vier Meter Radstand, mehr als sieben Meter Länge – auch wenn der Riese überraschend beweglich ist, das heißt Zentimeterarbeit. Und manchmal hängt der eine oder andere Zentimeter einfach über. Der Iveco eDaily im XXL-Format hat mit den benachbarten E-Autos an den Steckdosen so viel zu tun wie ein Elefant mit einem Schoßhund.

Der Testwagen verzichtet aufs E-Kennzeichen, ist aber unübersehbar foliert. Er stammt vom vergangenen Modelljahr, aber das sieht man ihm kaum an, nur drinnen an Instrumenten, Monitoren, Ab­lagen. Macht nichts, der Antrieb ist unverändert. Ist es ein Geniestreich oder eine Notlösung? Jedenfalls ist die Kombination aus dem Zentralmotor mitsamt einstufiger Übersetzung plus klassischer Hinterachse aus den Verbrennermodellen unter Transportern einmalig.

Ebenso die Batterien – gibt der Hersteller doch rekordverdächtige 95 Prozent der nominellen Kapazität zur Nutzung frei. Abgesichert von einer Garantie über 250.000 Kilometer auf 80 Prozent der Kapazität. Und beim Zentralantrieb geht Iveco von einer Lebensdauer von mindestens 350.000 Kilometern aus.

Respektabler Verbrauchswert

Am Schnelllader nuckelt der ­eDaily eher gemächlich mit maximal 80 kW – andere saugen fixer. Dafür fährt er weiter. Als schwerer Transporter-Brocken abgeregelt auf 90 km/h, liegt sein Testverbrauch im Realbetrieb weit unter der sehr pessimistischen Iveco-Angabe von 36,5 kWh für den WLTP-Mix. Ins Heck hatte Iveco dem Testwagen eine Holzkiste mit 400 Kilo Gewicht gepackt. Dazu bunkerte die Redaktion beim freundlichen Baustoffhändler noch zwölf Säcke Fliesenkleber à 25 Kilo. So befrachtet, begnügte sich der eDaily in unserem Test mit nur 21,8 kWh auf der Kurzstrecke und 28 kWh bei flotter Fahrt auf der Autobahn. Macht im Schnitt ­25,6 kWh – sehr respektabel.

Die zahlreichen Regelmöglichkeiten blieben dabei weitgehend unbeachtet. Es gibt jeweils drei Fahr- und Rekuperationsmodi. Bei Zündung ein stellt der eDaily alles auf eine mittlere Stufe. Dann leistet die Maschine 115 kW/156 PS und die Rekuperation hat etwa die Wirkung einer Motorbremse nach dem Hinunterschalten. Beides passt selbst beladen für fast alle Lebenslagen.

Der Testwagen nimmt gelassen Fahrt auf, er fährt nicht an, er legt ab. Wird an deftigen Steigungen die Vollfettstufe nötig, genügt nicht wie anderswo der Kickdown, dann muss der Fahrmodus in Powerstellung gebracht werden. Zwei Minuten am Stück steht dann die volle Leistung von 140 kW/190 PS zur Verfügung. Auch in der grünen Eco-Position mit 90 kW/122 PS ist der eDaily halbwegs zügig unterwegs, nur eben nicht bergauf. Als Alternative für die Rekuperation gibt es einen straffen One-Pedal- und einen Segelmodus. Hübsch markiert mit einem stilisierten Segelboot und der Unterzeile „Sailing“. Beim nächsten Stopp stellt der schlaue eDaily wieder alles in den mittleren Bereich.

Überschaubare Nutzlast

Unter dem eDaily verringern die Batterien plus Schutzkufen links und rechts die Bodenfreiheit und damit den Rampenwinkel, das kann beim größten Radstand zu Schürfwunden führen. Mit drei Batterie­paketen unterm Bauch rollt der Stromer rund 300 oder mehr Kilometer weit – eine feine Sache. Indes wiegt so ein Akkupack etwa 260 Kilo und schränkt die Nutzlast ein. Beim Testwagen belief sie sich einschließlich einiger Extras auf nicht mal eine Tonne. Für einen Kastenwagen dieser Gewichtsklasse sehr überschaubar.

Da hilft es nur begrenzt, dass der eDaily satte 3,5 Tonnen ziehen darf. Lieber mit nur zwei Batterien kürzer fahren und häufiger laden? Einsatzsache. Und eine Preisfrage, zu der sich Iveco beharrlich ausschweigt. Ein Blick über den Zaun hilft: Die Listenpreise der Wettbewerber liegen zwischen 56.000 und 63.000 Euro. In dieser Region sollte sich auch der eDaily einordnen.

Und was sagt der Straßenzustands­bericht? Das Fahrwerk profitiert leer von den gewichtigen Batteriepaketen, wirkt mit zunehmender Beladung eher strammer. Die 16-Zoll-Räder sehen etwas mickrig aus, plumpsen in Schlaglöcher. Die Vorderachse reagiert empfindlich auf kurze Bodenwellen, tanzt darauf ein wenig Rock’n‘Roll. Die elektrisch unterstützte Lenkung arbeitet recht gefühllos, dabei aber stramm. Auf Knopfdruck agiert sie in der Cityfunktion leichtgängig, gut beim Rangieren. Dabei entpuppt sich der Lange ohnehin als verblüffend wendig, Vorteil Hinterradantrieb.

Wohnliche Fahrerkabine

Bordrechner und Display vermitteln auf Wunsch reichlich Infos, sogar die Werte für Energieverbrauch und Rekuperation lassen sich gegenüberstellen. Indes tauchen ab und zu eigenwillige Hinweise auf: „zulässiges Gesamtgewicht nicht verfügbar“ oder „Beschickungstür offen“ für die Ladeklappe vorn. Dann wären da bequeme Sitze und reichlich Platz in der recht wohnlich eingerichteten Kabine mit verkleideter Rückwand. Der Arbeitsplatz ist hoch angesiedelt, ein Hauch von Trucker-Gefühl. Die Karosserie zeigt eine gewisse Lebendigkeit. Schüttelt sich bei kurzen Fahrbahnstößen und bebt aufgeregt.

Ran an die nächste Ladesäule, Strom bunkern. Erneut ist Rangierkunst gefragt, mäßig unterstützt von Hilfslinien der Rückfahrkamera. Also in die Spiegel geschaut und sorgsam gekurbelt – ­Elefant im Stromladen eben.

Einzigartige Kombination: klassische Hinterachse, davor im Rahmen ein Zentralmotor.
Einzigartige Kombination: klassische Hinterachse, davor im Rahmen ein Zentralmotor. - © Randolf Unruh
Fahrerhaus: komfortable Sitze, breiter Durchstieg, Tisch mit entnehmbarem Klemmbrett.
Fahrerhaus: komfortable Sitze, breiter Durchstieg, Tisch mit entnehmbarem Klemmbrett. - © Randolf Unruh
Obacht beim Beladen: Mit voller Batterie­bestückung ist die Schaffenskraft auch als 4,25-Tonner begrenzt.
Obacht beim Beladen: Mit voller Batterie­bestückung ist die Schaffenskraft auch als 4,25-Tonner begrenzt. - © Randolf Unruh

Iveco eDaily 42 S 14 E

  • Abmessungen (L/B/H): 7.274/2.052/2.707 mm
  • Radstand: 4.100 mm
  • Wendekreis: 15.200 mm
  • Laderaum (L/B/H): 4.680/1.740/1.900 mm
  • Breite zw. den Radkästen: 1.317 mm
  • Ladekapazität: 16,0 m³
  • Leergewicht Testwagen: 3.395 kg
  • Nutzlast: 855 kg
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 4.250 kg
  • Anhängelast bei 12 % Steigung: 3.500 kg
  • Zul. Zuggesamtgewicht: 7.750 kg
  • Batterie: Lithium-Ionen, netto 105 kWh
  • Aufladung: Wallbox 11 kW, optional Ladestation 22 kW, Schnellladung max. 80 kW
  • Motor: E-Motor zentral im Rahmen
  • Leistung: 140 kW/190 PS
  • Drehmoment: 400 Nm
  • Getriebe: Einganggetriebe, feste Übersetzung
  • Höchstgeschwindigkeit: begrenzt auf 90 km/h
  • Verbrauch: 36,5 kWh WLTP kombiniert
  • CO2-Emission: 0 g/km kombiniert
  • Teststrecke beladen: 25,6 kWh/100 km
  • Testverbrauch min./max.: 21,0–28,0 kWh/100 km
  • Grundpreis: keine Angabe