Gemeinsam stärker

Kooperation | Mit einem ungewöhnlichen Firmenbündnis wollen Balkonbauer der leidigen Preisdrückerei im Handwerk begegnen. Clever verkaufen und selbstbewusst auftreten, ist das Erfolgsrezept.

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    Team gegen Preisdrückerei: Thomas Ehrmaier (li.) und Walter Raab, Gründer eines Netzwerks für Metallbauer.
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    Auf Kundenwunsch: Um die Ansprüche der Kunden zu bedienen und das eigene Geschäft zu sichern, entscheiden sich Unternehmer für die Teamarbeit.

Gemeinsam stärker

Zugegeben, der nachträgliche Anbau von Balkonen an Wohnungen bedeutet zuerst einmal für die Bewohner Arbeit, Lärm und Dreck. Doch der Freisitz bietet viele Vorteile. So haben die Bewohner zusätzlichen Wohnraum und genießen Sonne und frische Luft. Immobilienbesitzer können für Wohnungen mit Balkon mehr Miete nehmen: in München laut Mietspiegel bis zu einem Euro pro Quadratmeter.

So etwa lautet die Argumentation der Mitglieder im „Ehrmaier Partnernetzwerk“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Metallbaubetrieben, die sich auf den Bau von Balkonen und Bedachungen spezialisiert haben. „Der Handwerker soll als Platzhirsch oder Themenführer für den Balkonbau in seiner Region wahrgenommen werden“, erklären Thomas Ehrmaier und Walter Raab den Geschäftszweck. Dazu haben die beiden Gründer der Kooperation eine Vertriebsstrategie entwickelt, die sie exklusiv an die jeweiligen Partner im Netzwerk weitergeben. Ziel des mittlerweile 50 Metallbaubetriebe umfassenden Netzwerks ist es, bei Architekten, Maklern und Wohnungsbaugesellschaften gegen die Geiz-ist-geil-Mentalität anzukämpfen.

„Diese Einstellung, einen möglicht niedrigen Preis herauszuholen, trifft alle Wirtschaftszweige, auch das Handwerk“, sagt Dieter Schlimmer, Berater und Experte für Kooperationen bei der Landes-Gewerbeförderungsstelle des Handwerks NRW in Düsseldorf. Nicht die Dienstleistung, sondern der möglichst geringe Preis steht bei der Klientel im Vordergrund. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, rät Schlimmer, „dem Kunden den Nutzen über das reine Produkt oder die Leistung hinaus deutlich zu machen“.

Nutzen vor Preis

Genau diese Strategie haben sich Thomas Ehrmaier und Walter Raab, Gründer der Metallbauerkooperation, auf die Fahne geschrieben. „Wir stellen in erster Linie den Nutzen eines Balkonanbaus dar, erst dann reden wir von den Kosten“, erläutert Ehrmaier. „Ein Banker erzählt seinen Kunden auch nicht zuerst von den Preisen einer Geldanlage, sondern was sie bringt und was sich die Anleger später davon alles erlauben können“, argumentiert Raab.

Ehrmaier führt im niederbayrischen Volkenschwand ein familieneigenes Balkonbauunternehmen. Da er die leidige Preisdiskussion aus eigener Erfahrung genauso kennt wie die allzuoft verbreitete Resignation der Metallbaukollegen, wollen er und Partner Raab mit ihrem Konzept vor allem auch die Wertigkeit der handwerklichen Leistung betonen. Ehrmaier weiß: „Der Handwerker wird ganz anders wahrgenommen, wenn er nicht über die Kosten, sondern über den Nutzen seiner Leistung redet.“

Selbstbewusst am Markt auftreten

Diese Strategie erfordert allerdings bei den Unternehmern eine ganz andere Denkweise und – größeres Selbstbewusstsein. Das bedeutet schon mal, dass sich der Handwerker bei Ausschreibungen von Auftraggebern nicht sklavisch an darin festgelegte Vorgaben hält. Und zur Not auch mal auf die Abgabe eines Angebots verzichtet. „Der Chef sollte im Vorfeld zum Hörer greifen und den Kunden von den Vorteilen und dem Mehrwert seiner Lösung überzeugen“, rät Berater Ehrmaier.

Um für ein derart konsequentes Vorgehen im Alltag gewappnet zu sein, erhalten die Netzwerkpartner bei den regelmäßig stattfindenden Vertriebsseminaren nicht nur Verkaufsunterstützung, sondern tauschen sich auch rege zur Schlagkräftigkeit von Argumenten in Verkaufsgesprächen aus. Darüber hinaus gibt es für die Mitglieder ein 80-seitiges Handbuch mit technischen Anleitungen zum optimalen Bau von Balkonen sowie Kalkulationshilfen bis hin zum Abnahmeprotokoll. „Das Handbuch dient vor allem zur Effektivitätssteigerung der handwerklichen Leistung“, erläutert Ehrmaier. Für die langfristige Imagebildung der Kooperation und der beteiligten Firmen gibt Partner Raab das Magazin „Freiräume“ zum Themenfeld Balkone heraus. Leser des Magazins sind vor allem Architekten und gewerbliche Kunden wie Wohnungsbauunternehmen und Makler.

„Alle Maßnahmen dienen letztlich dazu, das einzelne Mitglied zu stärken und seine Einzigartigkeit herauszuarbeiten“, sagt Raab. Deshalb nimmt die Kooperation auch nur jeweils ein Metallbauunternehmen für eine klar eingegrenzte Region auf. Ehrmaiers logische Begründung: „Es kann nur einen Platzhirsch am Ort geben. Der muss stark sein, denn nur so kann er gute Preise durchsetzen.“

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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