BaFin untersucht interne Kosten Betriebliche Altersvorsorge (bAV): Diese Kosten mindern die Rentenhöhe

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Altersvorsorge, Betriebliche Altersvorsorge, Erwerbsminderungsrente, Fachkräftemangel und Mitarbeitermotivation

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat untersucht, wie teuer die Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland sind. Beruhigendes Ergebnis: Die sogenannten internen Kosten hält die Aufsicht für angemessen. Ein Grund mehr für Unternehmer, ihren Mitarbeitern die Zusatzrente zu ermöglichen.

Mit der betrieblichen Rente gut versorgt in den Ruhestand.
Mit der betrieblichen Rente gut versorgt in den Ruhestand. - © imagecreator - stock.adobe.com

Die Kosten eines Anlageprodukts schmälern seine Rendite. Besonders bewusst ist das vielen Anlegern inzwischen bei der Riester-Rente: Denn dort sind die Abschluss- und Verwaltungskosten in der Ansparphase besonders hoch. Die Initiative Finanzwende hat schon im Dezember 2020 analysiert, wie hoch die Kosten bei den einzelnen Anbietern tatsächlich sind – und hat dafür 65 Riester-Rentenversicherungen anhand der offiziellen Muster-Produktinformationsblätter untersucht.

Das Ergebnis: Im Schnitt fließt jeder vierte eingezahlte Euro in die Kosten. In der Spitze sind es sogar 38 von 100 Euro von Beitrag und Zulagen. Für die Altersvorsorge stehen diese Beträge also gar nicht zur Verfügung.

Rentenversicherungen kosten

Die Bundesregierung geht in ihrem aktuellen Rentenversicherungsbericht für einen fiktiven Riester-Vertrag "von Kosten in Höhe von zehn Prozent des Sparbetrags aus", schreibt Finanzwende. Tatsächlich allerdings liegen die Kosten bei einer durchschnittlichen Riester-Versicherung nach der Finanzwende-Auswertung zweieinhalb mal so hoch – bei knapp 25 Prozent der Einzahlungen. Und eine ganze Reihe von Versicherern nimmt den privat Vorsorgenden das Dreifache ab.

Die EU hat eine Überprüfung gefordert

Das allein wäre Grund genug, einmal nachzuschauen, wie es denn bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) um die Kosten bestellt ist. Tatsächlich war es jedoch die EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen), die eine solche Überprüfung angeregt hat. "Sie hatte im Oktober 2021 vorgeschlagen, dass die europäischen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) an ihre nationalen Aufsichtsbehörden umfassend und regelmäßig über ihre Kosten berichten", erklärt die BaFin.

Die bAV im Kosten-Check

Eine derartige Berichtspflicht ist in Deutschland nun vorerst vom Tisch. Denn: "Die durchschnittlichen Gesamtkosten deutscher Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) sind nicht zu hoch", so der Befund der BaFin. "Das ist eine gute Nachricht für die Versorgungsberechtigten und Arbeitgeber, aber auch für die EbAV selbst. Weil es kein strukturelles Kostenproblem gibt, ist auch ein umfassendes und regelmäßiges Kosten-Berichtswesen an die BaFin überflüssig", urteilt die BaFin. Zu den untersuchten Einrichtungen der bAV zählen in Deutschland Pensionskassen und Pensionsfonds.

So funktioniert die bAV

Arbeitnehmer haben ein Recht auf eine geförderte Betriebsrente. Dafür muss der Mitarbeiter festlegen, welchen Teil seines Gehalts er für die Altersvorsorge verwenden möchte. Auf diese Entgeltumwandlung müssen Arbeitgeber seit 2019 mindestens einen Zuschuss von 15 Prozent zahlen. Gleichzeitig gilt seit 2020, dass Betriebsrentner später auf die ganze Rente keine vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge leisten müssen. Für alle Betriebsrenten gilt nun ein Freibetrag, auf den keine Krankenkassenbeiträge fällig werden. Wer sein Recht auf Entgeltumwandlung wahrnimmt, erhält also nicht nur mindestens den Pflichtzuschuss des Arbeitgebers, sondern spart gleichzeitig Steuern und Sozialabgaben. Zudem wird die bAV immer digitaler und somit verwaltungsärmer für den Unternehmer. Somit ist auch die Altersvorsorge über den Betrieb vorteilhaft für die Mitarbeiter und ein wichtiger Benefit, um Fachkräfte zu binden und neue zu finden.

Ein Beispiel: Bei einer Einzahlung von 100 Euro landen mit dem Zuschuss des Betriebs 115 Euro in der Rente, während der Arbeitnehmer lediglich einen Aufwand von 55 Euro pro Monat hat. Im Alter muss die Betriebsrente aber versteuert werden. Wie sehr sich das lohnt, hängt davon ab, wie hoch der Vorsorgevertrag mit Kosten belastet ist. Die Stiftung Warentest rät, das Angebot des Arbeitgebers vorab von einer Verbraucherzentrale oder einem unabhängigen Rentenberater prüfen zu lassen.

Wie Arbeitgeber an die bAV für ihre Mitarbeiter kommen

Auch unabhängige Versicherungs- und Rentenberater setzen sich mit Unternehmern zusammen und informieren über das Für und Wider der bAV: „Wir erläutern die Durchführungswege, kostengünstige Produkte und die verwaltungsarme Abwicklung“, sagt etwa der unabhängige Versicherungsberater Klaus Blumensaat von der Kanzlei adversi aus Mühlheim an der Ruhr. Das liefere dem Handwerksmeister eine gute Entscheidungsbasis. Und das ist wichtig, denn der Chef entscheidet allein über die Anlageform und den Durchführungsweg – der Mitarbeiter bestimmt lediglich die Höhe der Entgeltumwandlung.

Üblich ist heute eine beitragsorientierte Leistungszusage (BoLz). Der Arbeitgeber wandelt den festgelegten Beitrag in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung um. Dies passiert meist über den Weg der Direktversicherung. Dabei schließt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag zugunsten des Arbeitnehmers ab. Bezugsberechtigt sind der Arbeitnehmer und gegebenenfalls seine Hinterbliebenen. Direktversicherungen stehen unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Die Behörde prüft seit Neuestem, ob Lebensversicherungsprodukte einen „angemessenen Kundennutzen“ bieten – dies ist aktuell eine Rendite über der langjährigen Inflationsrate von zwei Prozent. Mehr Infos zur betrieblichen Altersvorsorge finden Sie auf unserer Themenseite "Betriebliche Altersvorsorge":


Zurück zur BaFin: Diese Kosten wurden analysiert

Insgesamt mussten etwa 70 große Pensionskassen und -fonds alle ihre impliziten und expliziten Kosten des Jahres 2021 an die BaFin übermitteln. Gemessen an der Bilanzsumme der Unternehmen entsprach dies mehr als 90 Prozent des deutschen Gesamtmarkts. Gemeldet wurden beispielsweise auch die Kosten von Investmentfonds, die EbAV als Kapitalanlage halten. Kosten, die den Inventarwert der Fonds mindern, hatten die EbAV bisher nicht ausdrücklich ausgewiesen. Gleiches galt für implizite Kosten, die beim Kauf und Verkauf von Kapitalanlagen anfallen können. Zudem mussten alle Kosten identifiziert werden, die der Arbeitgeber direkt trägt. Es galt das Brutto-Prinzip: Kosten durften nicht mit Erlösen verrechnet werden.

Die Gesamtkosten deutscher EbAV betrugen im Jahr 2021 im Schnitt 0,79 Prozent der Kapitalanlagen zu Buchwerten oder 0,72 Prozent der Kapitalanlagen zu Zeitwerten. "Es ist nicht erkennbar, dass die Kosten systematisch zu hoch sind. Ein strukturelles Kostenproblem gibt es also nicht", so die BaFin. Das Gesamtkostenniveau deutscher EbAV ist ähnlich dem der Niederlande, dem größten EbAV-Markt der Europäischen Union. In den Niederlanden gibt es schon seit Jahren Kostentransparenzinitiativen und ein umfassendes Kosten-Berichtswesen gegenüber der Aufsichtsbehörde.

bAV: Die Kostenpositionen im Einzelnen

Tatsächlich deckte die umfassende Analyse Kosten von 0,49 Prozentpunkten auf, die im bestehenden Berichtswesen nicht enthalten waren (Grafik). Der Aufwand, diese zusätzlichen Daten zu ermitteln, war aber hoch, das berichten die Unternehmen. Das galt vor allem für Kosten in Investmentfonds, die in der Regel nur die Kapitalverwaltungsgesellschaften herausfinden konnten.

Aufteilung der Gesamtkosten (in Prozent der Kapitalanlage zu Buchwerten)

Die Erhebung der Kosten der bAV hat neue Erkenntnisse gebracht.
Die Erhebung der Kosten der bAV hat neue Erkenntnisse gebracht. - © BaFin
  • Anlagekosten: Das sind Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung von Vermögenswerten anfallen. Dazu zählen unter anderem Personalkosten für die Verwaltung der Kapitalanlage, Kosten für die Verwahrung von Wertpapieren und Management- und Performancegebühren von Investmentfonds.

    Sie machten mit 0,47 Prozentpunkten den größten Teil der durchschnittlichen Gesamtkosten aus. Die Anlagekosten werden überwiegend von den indirekt gehaltenen Kapitalanlagen verursacht.

    Den Großteil dieser Anlagekosten im indirekten Bestand (0,35 Prozentpunkte) weisen die EbAV im bestehenden Berichtswesen nicht ausdrücklich als Kosten aus.

  • Transaktionskosten: Dazu zählen Kosten, die beim Kauf oder Verkauf von Kapitalanlagen entstehen, sowohl im direkten Bestand als auch bei Investmentfonds (zum Beispiel Maklerprovisionen, Zeichnungs- oder Rücknahmegebühren, Abschlusskosten, implizite Transaktionskosten).

    Sie waren der drittgrößte Kostenblock. Transaktionskosten fielen vor allem im indirekten Bestand an. Sie werden bisher größtenteils nicht als Kosten ausgewiesen.

    Die Anlage- und Transaktionskosten im indirekten Bestand fielen im Durchschnitt höher aus als im direkten Bestand. Allerdings sind neben den Kosten einer Kapitalanlage auch andere Aspekte ausschlaggebend, wie etwa die Rendite. Gespräche mit den EbAV haben gezeigt, dass meist im indirekten Bestand gehaltene komplexere Kapitalanlagen höhere Kosten verursachen können. Auf den ersten Blick relativ teure Kapitalanlagen haben aber mitunter auch deutlich höhere Renditen nach Kosten. Zudem gibt es performanceabhängige Kosten, die nur bei einer entsprechenden Entwicklung entstehen, sodass eine isolierte Kostenbetrachtung nicht sinnvoll ist.

  • Verwaltungskosten: Darunter fallen alle von den EbAV selbst getragenen Verwaltungskosten, etwa Personalaufwendungen, gezahlte Regulierungsaufwendungen, Abschlussprovisionen oder übrige Verwaltungsaufwendungen. Die Vertriebskosten mussten gesondert angegeben werden.

    Sie waren mit 0,19 Prozentpunkten der zweitgrößte Kostenblock. Die Zahlen waren fast deckungsgleich mit den bisher der BaFin bekannten Verwaltungskosten.

    Von Trägerunternehmen direkt getragene Kosten: Alle Kosten, die von den Trägerunternehmen direkt getragen, aber nicht der EbAV in Rechnung gestellt wurden. Dies ist bspw. der Fall, wenn Personal, Büroräume oder Geschäftsausstattung der EbAV ohne Abrechnung bereitgestellt wurden. Sie hatten nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten.
Zum Hintergrund

Die Analyse und die Erkenntnisse daraus beziehen sich ausschließlich auf das Jahr 2021. Damals gab es in Deutschland nur Altersversorgungssysteme mit regelmäßig festen Beiträgen und garantierten Leistungen. Die reine Beitragszusage, bei der die Versorgungsberechtigten Kosten und Risiken tragen, gibt es hierzulande erst seit 2022.

Die EIOPA hat der Europäischen Kommission im Oktober 2023 Änderungsvorschläge für die EbAV-Richtlinie gemacht. Dazu zählt erneut ein regelmäßiges Kosten-Berichtswesen, allerdings nur für Altersversorgungssysteme, in denen die Versorgungsberechtigten Risiken tragen. Es ist offen, inwieweit dieser Vorschlag berücksichtigt wird.