Gesundheitsprävention Burnout: Wie Handwerker mit gesunder Ernährung, Sport und Entspannung ihr Risiko senken

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Handwerksunternehmer und deren Mitarbeitende stehen häufig unter enormem Leistungsdruck, oft, ohne sich dessen bewusst zu sein. Entsprechend hoch ist ihr Burnout-Risiko. Prävention ist das Mittel der Wahl. Wie Chefs und Mitarbeiter fit und gesund bleiben.

Dr. Ute Walk, Praxis für Integrative Medizin München
Dr. Ute Walk, Allgemeinmedizinerin mit Spezialgebiet Integrative Medizin, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Erschöpfungssyndrom und Burnout. - © Dr. Ute Walk, Praxis für Integrative Medizin München

Mental stabil, aber gestresst, permanent müde und ohne Elan: Nach Studien der Krankenkasse IKK Classic haben Handwerker im Vergleich zu anderen Branchen zwar relativ wenig seelische Probleme. Im Baugewerbe etwa gehen nur sechs Prozent der Krankschreibungen laut Fehlzeitenreport der AOK darauf zurück, während die Psyche in der Altenpflege für rund 22 Prozent der Ausfalltage verantwortlich ist.

Und dennoch: Der Stress in Handwerksberufen ist aufgrund des Termindrucks häufig so enorm, dass sich zahlreiche Beschäftigte ausgelaugt und energielos fühlen. Sie schlafen schlecht, leiden unter Kopf- und Gliederschmerzen, unter Magenschmerzen, unter Stimmungsschwankungen oder sogar unter Panikattacken – allesamt nach Definition der Deister Weser Kliniken typische Symptome eines chronischen Erschöpfungssyndroms.

Körper zeigt sich vor dem Burnout alarmiert

Dr. Ute Walk, Allgemeinmedizinerin mit Spezialgebiet Integrative Medizin mit eigener Privatpraxis in München am Viktualienmarkt, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema: „Der Körper reagiert, er stellt sich auf eine Alarmsituation ein. Die Folge ist zum Beispiel ein starkes Verlangen nach schnellen Kohlenhydraten – auf alles, was süß ist“, so Walk. Eine Spirale kommt in Gang. „Ist die konsumierte Glucose verbraucht, fällt der Blutzucker stark ab. Der Körper stellt sich auf Notstrombetrieb, was Stress auslöst“, so Walk.

Stress aber stimuliert die Nebennieren. Diese schütten Hormone aus, welche negative Vorgänge im Körper in Gang halten. „Gemeint sind Adrenalin und Noradrenalin aus dem Nebennierenmark sowie Cortisol und Aldosteron aus der Nebennierenrinde“, erläutert die Medizinerin. Die Patienten fühlen sich schlapp. „Sie kommen zu uns in die Praxis und sagen oft, dass sie sich am Wochenende und im Urlaub nicht mehr erholen können. Ihre Handlungskompetenz nimmt ab. Sie leiden darunter, nicht mehr effizient zu arbeiten und deutlich mehr Zeit für Routine-Aufgaben als früher brauchen“, so Walk. Im Interview erklärt die Autorin des Buches „Mehr Energie in 4 Wochen“, erschienen im Verlagshaus Gräfe und Unzer, wie man diesen Prozessen vorbeugt und gesund bleibt.

handwerk magazin: Was sind die größten Risikofaktoren für eine Erschöpfung?

Walk: Zu wenig Bewegung, falsche Ernährung, zu wenig frische Luft, kaum Zeit für Entspannung: Wer erkennt, dass über einen längeren Zeitraum einer oder mehrere dieser Punkte auf ihn oder sie zutreffen, sollte ins Handeln kommen – selbst wenn man sich gut fühlt. Denn jeder einzelne der genannten Faktoren hat mit Sicherheit über Monate oder Jahre gravierende Folgen für Körper und Geist. Mit einfachen und schnell umsetzbaren Maßnahmen aber lässt sich sehr viel für die Prävention erreichen. Kleine Schritte zeigen große Wirkung.

Handwerksunternehmer bewegen sich in der Regel aber schon sehr viel während ihrer Arbeit, oft an der frischen Luft. Wie hoch ist deren Bedarf?

Das ist sicherlich gut und reduziert die Risiken. Dennoch: Zum einen wird in vielen Branchen in Innenräumen gearbeitet, also fehlt diesen Mitarbeitenden und Unternehmern Sonnenlicht genauso wie jenen, die einer klassischen Bürotätigkeit nachgehen. Zum anderen wird in den Mittagspausen häufig hastig gegessen, im schlimmsten Fall Fastfood oder Fertigprodukte von der Tankstelle. Damit schadet man sich. Außerdem trinken wir während des Tages oft viel zu wenig, stilles Wasser natürlich. Der Bedarf, etwas zu verbessern, ist sicherlich bei den meisten von uns da – also auch im Handwerk.

Wie sieht eine vernünftige Prävention aus?

Zum Frühstück empfehle ich als Standard ein Müsli aus vier Esslöffeln über Nacht eingeweichten Haferflocken, einem Esslöffel geschrotetem Leinsamen und genauso viel gutes Leinöl – immer frisch verwendet, gekühlt und luftdicht verschlossen. Dazu noch ein hochwertiges Omega3Öl, Flohsamenschalen und Akazienfasern. Eine Handvoll Hasel- oder Walnüsse nicht vergessen.

Frische Salate, Gemüse, Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren und ausreichend Eiweiß sind für die Mittagsmahlzeit eine gute Wahl. Wer vor Ort vermutlich keine hochwertige Nahrung bekommen kann, sollte sie sich von zuhause mitnehmen. Meal Prep lautet das Stichwort, Vorkochen ist eine gute Lösung. Unternehmer können die Mitarbeitenden unterstützen und zum Beispiel gefiltertes Wasser zur Verfügung stellen oder Gemüsesticks mit Dip für die Brotzeit liefern lassen.

Wie lässt sich eine ganzheitliche Burnout-Prävention im Betrieb umsetzen?

Prävention sollte in der Firma als Transformationsprozess gesehen werden. Als ein Loop Approach, an dem jeder im Team mit dem Ziel beteiligt ist, gemeinsam einen Wandel voranzutreiben. Im Prinzip geht es darum, die Maßnahmen in den Alltag einzubauen und zur Routine werden zu lassen. Was spricht dagegen, in der Pause mit den Kollegen zehn Minuten eine Entspannungstechnik ausüben oder zu meditieren? Wer viel sitzt: Warum nicht so häufig wie möglich aufstehen, mindestens eine Stunde am Tag insgesamt. Sitzen ist bekanntlich noch ungesünder als Rauchen. Außerdem ist es wichtig, sich mit steter Regelmäßigkeit noch eine halbe Stunde am Tag an der frischen Luft zu bewegen – möglichst so, dass der Puls mindestens einmal richtig hochgeht. Dann hat man viel erreicht.

Was bewirken gesunde Ernährung, Sport und bewusste Entspannung im Körper?

Aus der Mind-Body-Medizin wissen wir um die engen Zusammenhänge zwischen mentalen Praktiken und deren Auswirkungen auf körperliche Zustände. Man ist nicht hilflos seinem gesundheitlichen Schicksal ausgeliefert, nur weil vielleicht schon Vater oder Mutter erhöhte Blutfettwerte oder Bluthochdruck hatten. Alles hängt zusammen. Der Körper versteht jeden Impuls als Aufmunterung, sich in Richtung Energie und Gesundung zu bewegen. Noch ein Tipp: Am besten funktioniert erfahrungsgemäß das Kleine-Schritte-Prinzip. Man nimmt sich so viele Module vor, wie man gerade umsetzen kann.

Buchtipp

Raus aus der Erschöpfungsspirale: Dr. Ute Walk setzt auf vier Säulen, um fit zu bleiben. Mindset, Bewegung, Ernährung und Entgiftung sind für die Medizinerin die Schlüssel dafür, Geist und Körper für mehr Energie zu regenerieren. Mehr dazu, erklärt sie in ihrem Buch "Mehr Energie in 4 Wochen".

Erschienen im Verlagshaus Gräfe und Unzer, ISBN 978-3-8338-8734-5, im Buchhandel 19,90 Euro.