Fahrbericht Mercedes-Benz eSprinter: Lastenrad für die letzte Meile dank Kooperation mit Onomotion

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Mercedes-Benz eSprinter plus Container plus professionelles Cargobike von Onomotion – herausgekommen ist ein vielseitiges Trio fürs Handwerk. Eindrücke von der ersten Begegnung.

Nachhaltigkeits-Trio: Mercedes-Benz eSprinter Sustaineer, Rollcontainer und Lastenrad von Onomotion.
Nachhaltigkeits-Trio: eSprinter Sustaineer, Rollcontainer und Lastenrad von Onomotion. - © Mercedes Benz Vans

Oben hat jemand den Himmel blank­gewischt. Nicht ganz sorgfältig, ein paar graue Wolkenschlieren sind geblieben. Zur selbst ernannten Premiummarke Mercedes-Benz Vans gehört eben auch Premiumwetter. Unten stehen, ebenfalls herausgeputzt, drei tolle Kisten. Mit ihnen will Mercedes das Arbeiten und die Belieferung von Waren, Werkzeug und Material in Fußgängerzonen, verkehrsberuhigten Straßen und Anlagen sauberer, vielleicht auch schneller und simpler gestalten.

E-Lastenräder bieten sich als kompakte Alternative zu fülligen Transportern für kleinere geschützte Ladungen und eine abgasfreie Lieferkette an. Aber wenn, dann bitte professionell. ­Mercedes-Benz Vans hat sich zu diesem Zweck mit dem Berliner Cargobike-­Hersteller Onomotion zusammengetan.

Für spezielle Einsatzgebiete

Die Idee: Ein Sprinter bringt fertig kommissionierte Rollbehälter zum Übergabeort und das Lastenrad übernimmt für die berühmte letzte Meile. Auf- und abgeladen vom Transporter wird kräftesparend über einen schlanken Hubarm mit Förderrollen, entwickelt zusammen mit Bär Cargolift. Die Kiste fasst zwei Kubikmeter und trägt 200 Kilogramm. Das dreiräd­rige Lastenrad Ono E-Cargobike bietet eine wettergeschützte Kabine und darf Radwege nutzen, benötigt kaum ­Verkehrsfläche und das Fahrpersonal keinen Führerschein. Es verfügt über Scheinwerfer, Blinker und Außenspiegel. Über eine Anfahrhilfe und zwei Radnaben­motoren mit jeweils 113 Nm Drehmoment, eine Batterie mit 1,4 kWh Kapazität und fährt bis zu 25 Kilometer weit. Der Akku ist überdies wechselbar, mit einem zweiten Akku an Bord verdoppelt sich die Reichweite.

Trägerfahrzeug für die abgasfreie und leise Anlieferung ist vorzugsweise der abgasfreie eSprinter. Mercedes-Benz hat Antrieb und Batterie runderneuert und bietet nun zahlreiche modular aufgebaute Varianten. Das Ergebnis fährt sich sehr gediegen. Der e­Sprinter schluckt als langer Kasten­wagen zwei Rollcontainer – so ist er in der Lage, gleich zwei Lastenräder zu versorgen. Egal ob kurz oder lang, seitlich bleibt im Laderaum Platz für eine Reihe Regale. Daher kann der Transporter im Anschluss weitere Jobs als Servicefahrzeug übernehmen oder eine zweite Tour absolvieren.

Mercedes-Benz eSprinter verfügt als "Sustaineer" über spezielle Features

Wie der große E-Saubermann noch sauberer werden kann, hatte Mercedes bereits im Herbst 2021 mit der Technologiestudie namens Sustaineer präsentiert. Der sperrige Begriff steht für Sustainable Pioneer, übersetzt etwa Nachhaltigkeitspionier. Im Anschluss an einen umfangreichen Praxistest sind manche von dessen Merkmalen verschwunden, zum Beispiel die aufwendige verglaste seitliche Doppeltür anstelle der Schiebetür. Geblieben ist unter anderem der „Feinstaubsauger“ für Umweltschmutz hinter dem Grill. Er schluckt aufgewirbelten Schmutz anderer Fahrzeuge, was 55 Prozent der eigenen Emissionen entspricht. An Bord sind ebenfalls die Kameras statt Außenspiegel (spart Strom), Solardach (bringt Strom) oder der beheizte Sicherheitsgurt und das beheizbare Lenkrad (verringern Heizenergie).

Während es im halboffenen Lastenrad kühl bleibt, sind im eSprinter Sustaineer eine Beheizung des Fußbodens sowie der Sitzkonsole, von Lenksäule und Fensterbrüstung im Cockpit hinzugekommen – die körpernahe Heizung senkt den Stromverbrauch und erhöht somit die Reichweite. Die Schwaben sprechen von einer Energieeinsparung von 25 Prozent im Vergleich zu einer konventionellen Heizung. Vor allem dann, wenn sich über dem eSprinter mal kein Premiumhimmel erstreckt.

Mercedes-Benz eVito: Das blaue Wunder?

Draußen eine Lackierung in Vintageblau, unterm Blech der Elektroantrieb.
Draußen eine Lackierung in Vintageblau, unterm Blech der Elektroantrieb. - © Randolf Unruh

Sachen gibt’s: Die Farbe heißt Vintageblau, erinnert an eine klassische Melittatasse und kostet als „Manufakturlack“ für einen edlen Mercedes-Maybach S-Klasse deftige 4.641 Euro.

Beim eVito dagegen gehört Vintageblau zu den aufpreisfreien Unifarben. Auch generell hat der eVito einen Hauch von Vintage, geht er doch in seinen Grundfesten auf das Jahr 2003 zurück, man merkt’s an den Basis-Abmessungen und im engen Cockpit. Der Stromer mit Vorderradantrieb wirkt nicht ganz so gepflegt wie sein großer und komplett runderneuerter Bruder Mercedes-Benz eSprinter. Es gibt das gleiche Lenkrad, MBUX, die zahlreichen Rekupera­tionsstufen einschließlich des Vollautomaten „D-Auto“ mit Vernetzung von Radar, Kamera und Navi-System. Ebenso Stromspartechnik und Instrumente – nur der Tacho reicht optimistisch bis 200 statt 180 Sachen. Alles fein, einschließlich der gediegenen Einrichtung, verziert mit glänzend schwarzem Kunststoff und Chrom – Glamour muss sein beim Stern.

Doch der eVito als Kastenwagen fährt sich spürbar rauer als der eSprinter, im Vergleich fast bockiger. Das Temperament ist mit 85 kW/116 PS Leistung begrenzt, die nutzbare Batteriekapazität von 60 kWh langt für Kurz- und Mittelstrecken. Geladen wird vorne links in Nähe des Radlaufs, sogar schneller als beim eSprinter, da serienmäßig mit bis zu 110 kW.

Man darf davon ausgehen, dass beim eVito 2026 die angekündigte Ablösung mit der neuen E-Plattform namens Van-EA von Mercedes-Benz beginnt. Überraschungen birgt die Preisliste: Netto kommt der kompakte Stromer laut Konfigurator auf 41.547 Euro. Der eVito zum eSprinter-Preis, Sachen gibt’s.