Gastkommentar von Uwe Engelhardt Produktivität: Die gute Auftragslage hat blind gemacht – der Gewinnfaktor Zeit wird dramatisch unterschätzt!

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Auftragsabwicklung, Auftragsspitzen, Büroorganisation, Mitarbeitermotivation und Zielerreichung

Ein Weckruf ist dringend nötig. Besonders, wenn wir unter der Last voller Auftragsbücher aus den Augen verlieren, was wirklich zählt: Die effiziente Nutzung von Zeit und Produktivität. Denn diese sind genauso bedeutsam wie handwerkliches Geschick und die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern. Wie Handwerksbetriebe zielgerichteter arbeiten und Zeitverluste reduzieren.

Uwe Engelhardt, Experte aus der Praxis für ganzheitliche Unternehmensführung: "Mit einer gut funktionierenden Organisation verbessern Handwerksunternehmer Effizienz, Produktivität, Kommunikation und Mitarbeiterzufriedenheit." - © Jörg Brockstedt

"Es reicht nicht aus, bloß fleißig zu sein – das sind die Ameisen auch. Die zentrale Frage lautet: Wofür sind wir fleißig?" Diese Worte des amerikanischen Schriftstellers und Philosophen Henry David Thoreau erinnern uns daran, dass es nicht nur um Arbeit an sich geht, sondern um ihre Zielgerichtetheit.

Ein produktives Zeit-Wert-Bewusstsein schaffen

Schon Benjamin Franklin (1706 – 1790), einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, wusste zu seiner Zeit zu sagen: "Zeit ist Geld". Diese Worte, gerichtet an junge Kaufleute im Jahr 1748, unterstreichen die Bedeutung, die er schon damals der Zeit beimisst. Franklin mahnte dazu, Zeit ebenso sorgfältig zu verwalten wie Geld. Er erklärte, dass beide Ressourcen begrenzt sind und ein bewusstes Management erfordern.

Der Zweck dieses Weckrufs ist es, ein tieferes Verständnis für die Verantwortung im Umgang mit Zeit bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu schaffen. Es geht darum zu erkennen, welche Aufgaben unnötig oder ineffizient sind und wie sie besser erledigt werden können. Diese Erkenntnisse kommen allen zugute: Sie erleichtern es, Leistung erfolgreich zu erbringen und ungestört das zu tun, wofür man entlohnt wird – und das langfristig.

Grundsätzliche Produktivitätsfragen, die sich jeder stellen kann:
  • Welchen Anteil können wir direkt mit Kunden abrechnen, weil wir in diesen Stunden eine Leistung (Wertschöpfung) erbracht haben?

  • Welche Zeit betrachten (verbuchen) wir als Investition in die Zukunft, weil sie dazu dient, künftig mehr Umsatz/Gewinn zu erzielen?

  • Welche Stunden sind unproduktiv und schmälern den Gewinn?

Maßnahmen für mehr Effizienz einleiten

Nicht jeder fleißige Mitarbeiter oder jede Mitarbeiterin ist produktiv im Sinne der Wertschöpfung. Oftmals werden Aufgaben trotz bester Absichten erledigt, die dennoch falsch, unnötig und eine Zeitverschwendung sind. Dies kann bei scheinbar kleinen Dingen beginnen, wie der übermäßigen Verteilung von E-Mails, dem Zurücklegen bereits gegangener Wege (sei es mit dem Firmenfahrzeug, zu Fuß in der Produktion oder auf der Baustelle), und endet bei Tätigkeiten, die schlichtweg überflüssig sind.

Wertvolle Ratschläge zur Verbesserung finden wir bei Peter Drucker (1909 – 2005), einem Pionier der modernen Managementlehre. Seine Erkenntnisse und Prinzipien haben sich in zahlreichen Unternehmen weltweit als richtig und erfolgreich erwiesen. Besonders wichtig ist sein Rat, für die Messbarkeit von Leistung und Ergebnissen zu sorgen. Indem wir ineffizient genutzte Zeit klar identifizieren, können wir gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen und Verbesserungen an den entscheidenden Stellen vornehmen. Der erste Schritt ist, die Zeitverluste einzuordnen.

Die häufigsten Ursachen für Zeitverluste:
  • Fehlende klare Ziele und Richtlinien, in Form von internen Aufträgen, für die zu erledigende Arbeit können zu Verwirrung oder Unsicherheit führen.

  • Mangelnde Planung oder Priorisierung von Aufgaben und Arbeitsabläufen kann zu einem ineffizienten Arbeitsablauf führen.

  • Unterbrechungen durch externe oder interne Störungen wie unerwünschte Besuche, auch der Vorgesetzten, oder telefonische Ablenkungen stören den Arbeitsfluss.

  • Zeit, die mit dem Suchen von Unterlagen, Werkzeugen oder Informationen verbracht wird, führt zu Frust und Produktivitätsverlusten.

  • Stillstand oder Verlangsamung von Prozessen aufgrund von Unklarheit über Verantwortung, Zuständigkeiten und Vorgehensweisen.

  • Unter- oder Überbeschäftigung von Mitarbeitern führt zu einer ungleichen Arbeitslastverteilung und sind Auslöser für Konflikte.

  • Fehlende Schulungen oder Weiterbildungen führen dazu, dass Mitarbeiter nicht über die erforderlichen Fähigkeiten oder Kenntnisse verfügen, um ihre Aufgaben effektiv zu erledigen.

  • Informationsverluste aufgrund lückenhafter Kommunikation zwischen verschiedenen Personen und Abteilungen, beispielsweise Verkauf und Arbeitsvorbereitung.

  • Nicht optimal genutzte Stärken, Kompetenzen und Kenntnisse führen zu einer Unterforderung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (Bore out Gefahr).

  • Fehlende, falsche oder defekte Arbeitswerkzeuge und Fahrzeuge sorgen für Unterbrechungen und Stillstand, erfordern zusätzlichen Zeitaufwand.

  • Eine schlechte Stimmung und toxische Kultur sowie persönliche Spannungen oder Konflikte beeinträchtigen die Zusammenarbeit im Team und verringern die Qualität der Leistung.

  • Zu wenig Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden sowie mangelndes Feedback über den Leistungsstand oder unzureichende Anerkennung und Belohnung bei sehr guter Leistung beeinflussen die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Entsprechend unserer 20-jährigen Erfahrung und den vorliegenden Statistiken entstehen in Betrieben durchschnittlich 70 bis 90 unproduktive Tage pro Jahr. Diese Zeiten können nicht direkt dem Kunden in Rechnung gestellt werden, müssen aber dennoch finanziert werden und sollten daher bei der Kalkulation berücksichtigt werden. Angesichts steigender Kosten und der Begrenztheit bei der Preiserhöhung ist es unumgänglich, sich verstärkt mit der Produktivität auseinanderzusetzen.

Qualitäts-Zeit – eine Frage der Kultur im Betrieb

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht nicht darum, Mitarbeitende unter Druck zu setzen, damit sie immer größere Arbeitslasten in kürzerer Zeit bewältigen. Eher im Gegenteil: Auch Small Talk am Kaffeeautomaten oder am Kopierer kann gut investierte Zeit sein, weil er den Zusammenhalt in der Belegschaft fördert, Mitarbeiter einander fachlich unterstützen können und hier vielleicht auch die eine oder andere richtig gute Idee reift. Die Philosophie im Unternehmen und das Ziel des Personalmanagements und jeder Führungskraft sollte darin bestehen, eine Organisation zu schaffen, die es Mitarbeitenden einfach macht, selbstverantwortlich und erfolgreich Leistung zu erbringen.

So machen Sie es Mitarbeitern einfach, selbstverantwortlich Leistung zu erbringen:
  • Schaffen Sie Klarheit mittels Leitbilds über die Ziele, Strategie, Werte, Struktur und den Spielregeln fürs Zusammenarbeiten im Unternehmen (Motivation und Identifikation).

  • Sorgen Sie für einheitliche ritualisierte Kommunikation. Vermitteln Sie durch eindeutige und verständliche Anweisungen die Anforderungen.

  • Standardisieren Sie die Weitergabe von Informationen in Form „interner Aufträge“ und regeln sie die Übergabe bzw. wie sie angenommen werden.

  • Analysieren Sie die Bestandteile des Führungs-, Wertschöpfungs- und der unterstützenden Prozesse. Dazu gehören die Aufgaben- und Verantwortungsklarheit. Legen Sie fest, wie sie organisiert sein müssen, dass der Kunde erhält, was er bestellt bzw. gekauft hat.

  • Fördern Sie das Vordenken, entwickeln Sie eine wirksame Arbeitsvorbereitung (Erstellen von durchdachten Arbeitsplänen und Arbeitsabläufen, Handlungsklarheit und ungestörtes Arbeiten).

Welche Verbesserungen Sie am besten ergreifen können, um unverrechenbare Zeiten zu reduzieren, verrät ihnen eine Analyse der Zeiten und Tätigkeiten. Wenn Sie beispielsweise die Anzahl der Rückrufe von der Baustelle oder aus der Produktion erfassen, können sie dies als Indikator verwenden: Mit klaren definierten Aufträgen, Arbeitsprozessen und Zuständigkeiten werden die Rückrufe weniger werden. Solche messbaren Ursachen für unproduktive Zeiten sind relativ leicht anzugehen und zu beheben.

Analysen erstellen und Verbesserungsvorschläge entwickeln

Warum es sich lohnt das zu tun: Ihren Unternehmenserfolg haben Sie hart erarbeitet, mit fachlicher Kompetenz, Entschlossenheit und einem passenden Angebot an den Kunden. Jetzt geht es darum, Ihre Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg zu steigern – auch und gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen, indem Sie eine gut funktionierende Organisation schaffen. Sie ist wesentlicher Bestandteil für diesen Erfolg, ihrer persönlichen Entlastung und trägt dazu bei Effizienz, Produktivität, Kommunikation und Mitarbeiterzufriedenheit zu verbessern.

Teilen Sie diese Gedanken und die Umsetzung mit ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Laden Sie ein, entsprechende Analysen zu erstellen, Verbesserungsvorschläge zu entwickeln und umzusetzen. Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: sie stärken die Identifikation Ihrer Leute mit dem Betrieb (Mitarbeiterbindung) und steigern ihre Produktivität.

Über Autor Uwe Engelhardt

Uwe Engelhardt ist Geschäftsführer der ErfolgsMeisterei GmbH. Als Experte aus der Praxis für ganzheitliche Unternehmensführung unterstützt er Geschäftsführer und Führungskräfte unter anderem dabei, neue Prozesse zu gestalten oder bestehende Prozesse anzupassen, um sie effizienter und effektiver zu machen. Bei Bedarf bietet er Schulungen und Trainings für Mitarbeiter an, um sie mit den neuen Prozessen vertraut zu machen und die Akzeptanz im Betrieb zu fördern.