Die Baumann-Kolumne "Neues von der Werkbank" Kommentar: Fehlende Planungs- und Rechtssicherheit entzieht die Grundlage für Investitionen und Vertrauen!

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Neues von der Werkbank – Kolumne von Ruth Baumann und Zukunftsperspektiven im Handwerk

Selbstverständlich ist das eigene Leben nicht planbar, doch es sollte auch nicht komplett ziellos verlaufen. Dafür müssen allerdings die Rahmenbedingungen von Staatsseite aus stimmen. Aktuell scheint es jedoch an einer stimmigen Grundlage für ausreichend Sicherheit zu mangeln, was sämtliche Vorhaben deutlich erschwert. Das Vertrauen in das Können des Staates scheint zu sinken. Kolumnistin Ruth Baumann wirft in dieser Folge "Neues von der Werkbank“ einen umfassenden Blick auf die derzeitige Lage der Republik.

Ruth Baumann Landesvorsitzende UFH Baden-Württemberg
Ruth Baumann Landesvorsitzende ufh Baden-Württemberg. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. - © privat

Kinder sind unsere Zukunft! Warum werden sie dann nicht auch so behandelt? Schon bei der Entbindung spürt man an vielen Orten, dass die Gesellschaft für vieles Geld aufwendet, aber nicht unbedingt im Gesundheitswesen. Die Struktur der Gesundheitsversorgung ächzt an fast allen Stellen: Personalknappheit, fehlende Betten, keine verlässliche Medikamentenversorgung (ich sage nur: fiebersenkende Mittel) heißen die neuen Erdenbürger willkommen. Für eine (ehemalige?) Industrienation ist dies nicht nur peinlich, sondern vor allem schäbig. Der gesetzliche Anspruch auf Kinderbetreuung ist vielerorts nur eine leere Worthülse und die Ausstattung an Schulen mit genügend Lehrpersonal und Materialien hat durchaus noch Entwicklungspotenzial. Investitionen in die Zukunft gehen definitiv anders.

Realität und Sorgen prallen aufeinander

Auch der Traum, einer Familie ein Heim und zugleich Heimat zu geben, scheint ebenfalls von Jahr zu Jahr unrealistischer. Nicht nur die Höhe der Abgaben auf den erwirtschafteten Lohn und Gewinn scheinen ausufernd und kaum noch kalkulierbar. Auch die Realisierungskosten unterliegen den sich stets ändernden Vorgaben oder Eingriffen. Zwangssanierungen, fragile Grundsteuerberechnungen und Energie, die zunehmend zum Luxusgut mutiert, ergänzt durch die Folgen der Inflation für jeden – vielleicht mit Ausnahmen bei Mandatsträgern – im Geldbeutel merklich spürbar, schüren mehr Ängste. Es sind die Sorgen, das Ganze nicht mehr stemmen zu können.

Das Vertrauen sinkt

Versprechungen und Forderungen sowie Förderungen verunsichern nicht nur Verbraucher, sondern auch Betriebe. Erst das Fordern der Wärmepumpe, dann das Fördern der Wärmepumpe und am Ende steht wieder alles in Frage. Aktuell soll es wohl doch die Fernwärme richten. Die Transformation in Richtung Digitalisierung ist bis dato noch nicht einmal geglückt bzw. abgeschlossen (die Förderung gekürzt), schon kommt das nächste große Vorhaben um die Ecke. Wen wundert es da, dass das Vertrauen zum Faxgerät oder dem Kachelofen größer ist? Die gehypte Elektromobilität stößt bei fragiler Eigenstromversorgung (so deute ich jedenfalls den kontinuierlichen Zukauf aus dem Ausland) an Grenzen. Und Brände, vermeintliche Einzelfälle, führen vor Augen, was noch so drohen kann. Von Fähren, die dieses Risiko nicht eingehen wollen, bis hin zu Parkplätzen, die wegfallen, weil man die Statik der darüberliegenden Gebäude gefährdet sieht. Mieter und Vermieter, Hersteller und Verbraucher bekommen zusätzliche Aufgaben – direkt oder indirekt – in ihr Pflichtenheft geschrieben, die sie nicht erfüllen können oder aber nicht mehr erfüllen wollen. Denn wer weiß schon, was morgen wieder geändert wird …

Auf der Standspur kommender Entwicklungen

Was sind also die Folgen? Nun, nicht alles ist, wie bereits gesagt, planbar. Wenn aber so gar nichts mehr planbar scheint, dann sinkt die Bereitschaft zu investieren. Sei es in Betriebsstandorte, Arbeitsplätze, Wohnbau, Landwirtschaft und so weiter. Diese Erkenntnis mag schmerzlich sein, aber sie spiegelt nun mal aktuell die Realität. Die Industrie wandert ab. Vorgaben, fragile Energieversorgung, ständige Preiserhöhungen, Inflation könnten Ursachen hierfür sein. In einem Land, in welchem nur noch zehn Prozent des Bundeshaushaltes investiert werden, lässt sich in den Augen vieler kaum noch die Zukunft gestalten. Bei einer „verlotterten“ Infrastruktur, unpünktlichem und unsicherem ÖPNV, „Kreidezeit“ in unseren Schulen und sich selbst überholenden Vorgaben (Brandschutz am Berliner Flugplatz) steht man auf der Standspur kommender Entwicklungen. Unser einziger Bodenschatz „Brain“ (Hirn, das Land der Tüftler und Denker) lässt sich so auch nicht heben.

Wenn das Handwerk gänzlich unberücksichtigt bleibt …

Die Industrie, die mit Arbeitsplätzen und Steueraufkommen bereits ins Ausland abwandert, soll nun durch verbilligten Strom und andere „Geschenke“ wieder zurückgeholt oder noch gehalten werden. Handwerk, Mittelstand, inhabergeführte (Klein-) Betriebe und deren Wirtschaftskraft fehlen jedoch gänzlich in den Überlegungen. Industrie und Kommunen sollen das retten, was man aufgrund der Betriebsschließungen und/oder Insolvenzen in diesem Segment anscheinend billigend in Kauf genommen hat. Abwanderungen in andere Länder, auch bei Facharbeitern, tauchen höchstens als Fußnote auf. Ausbildungszahlen, Arbeitsplätze, Know-how, Erfindungsreichtum und Steueraufkommen huldigt man höchstens noch in Worten. Wahrscheinlich merkt man zu spät, dass hier nicht mal „Pause“ gemacht wird, sondern die Läden zugesperrt werden. Und das nicht nur in der Fußgängerpassage im Einzelhandel.

Der Staat als Treuhänder?

Ohne Planungs- und Rechtssicherheit werden keine weiteren Wohnungen entstehen, Betriebe neu gegründet oder Unternehmen expandieren. Somit sind auch die unterschiedlichen Haushaltsplanungen fast schon Ausdruck einer reinen Selbstbeschäftigung, da schwindende Steuereinnahmenebenfalls keine Planungssicherheit mehr geben können. Es sei denn, man erhofft sich aus der Transformation in die Planwirtschaft neue Impulse und sprudelnde Einnahmen. Jede Bäckereifachverkäuferin hofft, dass mit ihren Abgaben und Steuern der Staat als Treuhänder Vorsorge trifft und Planungssicherheit garantiert und zwar in Gesundheits-, Bildungs-, Energie- und Altersversorgung sowie auch in verlässliche Infrastruktur und Sicherheit. Diesem Anspruch muss die Politik wieder gerecht werden, nämlich als Treuhänder des von Erwerbstätigen erwirtschafteten Geldes. Diese Einnahmen sind der Vertrauensvorschuss, den jeder für die Daseinsvorsorge, Altersabsicherung und Investitionen in die Zukunft der demokratischen Gesellschaft gibt. Das Tempo für Entscheidungen gibt hingegen die Realität vor.

Mit Klarheit und Konsequenz in die Zukunft

Wenn also der Staat keinen Plan hat, wofür er das Geld ausgeben will, ist es besser, es bei den Leistungserbringern zu lassen. Wenn er Vorstellungen hat, wie er die Zukunft gestalten will, sollte er dies klar benennen und konsequent zügig umsetzen. Und zwar nicht nur beim Bau von Flughäfen, sondern auch in der Verlässlichkeit von angekündigten Fördermitteln. Erst dann gibt es wieder Vertrauen in die Zukunft, neue Investitionen und Prosperität. Einfach mal machen statt nur darüber zu reden und zu kassieren.

Über Autorin Ruth Baumann:

Bei Ruth Baumann war es ein zart gehauchtes "Ja", das sie in einen mittelständischen Straßenbaubetrieb und damit ins Handwerk brachte: Seit ihrer Hochzeit führt sie gemeinsam mit Ehemann Martin Baumann die Baumann & Co. Straßenbaugesellschaft mbH in Freiburg. Trotz ihres abgeschlossenen Hochschulstudiums entschied sie sich damals bewusst, in den Familienbetrieb einzusteigen und bekräftigte dies durch eine weitere Ausbildung zur Bürokauffrau. Zunächst im Ehrenamt bei den Unternehmerfrauen im Handwerk Freiburg, später als Präsidentin des Landesverbandes der Unternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, war es ihr immer ein besonderes Anliegen, die Mitglieder mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Stolz auf das Handwerk auszustatten. Sie sieht die Unternehmerfrauen als Wirtschaftsverband und vertritt dies auch in der Öffentlichkeit.

Ihre betriebliche Erfahrung wurde in der Folgezeit auch verstärkt in der politischen Theorie nachgefragt und stieß – zu ihrer eigenen Überraschung – auf immer mehr Resonanz. Es folgten unterschiedliche Kommissionen und Funktionen in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, die sie mittlerweile auch auf Bundesebene ausführt. In Interviews, Vorträgen und Podiumsdiskussionen rund um das Handwerk gibt sie parteiübergreifend Einblicke in die Sorgen und Nöte von Familienbetrieben. Jüngst wurde sie in den Bundesvorstand der CDU gewählt und ist dort als "Handwerk mit Mundwerk und akademischen Grad" Mittler zwischen unterschiedlichen Welten.