Arbeitsschutz und Gesundheit und Fachkräftemangel
Fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland muss seine Arbeit oft oder fast immer im Stehen erledigen. Auch an Werkbänken, auf Baustellen oder in Friseursalons ist sehr häufig stehendes Arbeiten angesagt. Was betroffene Mitarbeiter gegen Rückenprobleme, Krampfadern und „schwere Beine“ tun können.
Nicht jede stehende Tätigkeit ist automatisch gesundheitsgefährlich. Ganz im Gegenteil, für Schreibtischtäter an Büroarbeitsplätzen wird das Aufstehen sogar empfohlen. Entscheidend ist die Dauer des Stehens. Darum sprechen Betriebsärzte und Arbeitsschützer von „andauernder Steharbeit“ und definieren diese als „Arbeit in der Körperhaltung Stehen, die
- ohne die Möglichkeit, sich wenige 20 cm zur Seite, nach vorn, nach hinten zu bewegen
- oder ohne zeitweilige Entlastung durch Gehen oder Sitzen
zur Zwangshaltung wird“. Dies bedeutet: wenn jemand sich bei der Arbeit stets frei bewegen kann, fällt dies nicht unter andauernde Steharbeit.
Nicht das Stehen ist das Problem, sondern seine Dauer
Steharbeit auf Dauer bedeutet Schwerstarbeit für den Körper. Denn nicht nur Gelenke und die Wirbelsäule stehen unter Druck, auch Muskulatur, Sehnen und Bänder werden einseitig belastet. Dadurch leidet die Durchblutung, es kann zu Verhärtungen und Schmerzen kommen. Auch die Bandscheiben werden schnell überlastet und Rückenprobleme verschlimmern sich. Besonders betroffen sind die unteren Extremitäten. Beine und Füße können anschwellen und die Neigung zu nächtlichen Wadenkrämpfen und Krampfadern steigt. Fehlstellungen der Füße wie Senk- Spreiz- oder Plattfüße verschlimmern sich.
Zum Einschätzen der konkreten Gesundheitsrisiken hat der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) die folgende tabellarische Hilfe veröffentlicht.
Quelle: Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI)
Download: baua.de/SharedDocs/Handlungshilfen/DE/Gefaehrdungsbeurteilung/LASI-Skoruppa/LV50-Bewegungsergonomische-Gestaltung-von-andauernder-Steharbeit.html, (S. 14)
Für Schwangere und Jugendliche ist Steharbeit tabu
Betriebsleiter und Arbeitgeber von Betrieben mit Steharbeitsplätzen sollten wissen, dass eine stehende Tätigkeit von mehr als 4 Stunden täglich für schwangere Frauen gemäß des Mutterschutzrechts nicht zulässig ist. Auch Mitarbeiter unter 18 Jahren sollten keine andauernde Steharbeit verrichten. Davon unabhängig ist besondere Vorsicht angebracht bei Kollegen, die bereits unter Skoliose (Krümmung der Wirbelsäule), Bandscheibenproblemen oder einer Bindegewebsschwäche leiden.
So lassen sich die Gesundheitsbelastungen stehender Arbeit vermindern
Bei den Schritten zur Entlastung bei Steharbeit zeigt sich der Sinn des STOP-Prinzips: Substitution vor technischen vor organisatorischen vor personenbezogenen Maßnahmen. Das bedeutet, dass zunächst zu prüfen ist, ob ein Arbeiten im Dauerstehen überhaupt notwendig ist. Dann sind sukzessive die folgenden Entlastungsmaßnahmen durchzugehen:
- Technische Maßnahmen
Wo können wir Stehhilfen einsetzen, um die Beine vom Körpergewicht zu entlasten? Wo sind Arbeitstischsysteme zweckmäßig, die einen einfachen Wechsel der Arbeitshöhe erlauben? Wo bringen elastische, trittsichere und wärmegedämmte Fußmatten Erleichterung auf harten Böden? - Organisatorische Maßnahmen :
Wo lässt sich Steharbeit mit Aufgaben in anderen Körperhaltungen abwechseln? Denn gesundheitsbelastend ist weder Stehen noch Sitzen an sich, sondern wenn ein Mitarbeiter anhaltend und einseitig belastet wird. - Personenbezogene Maßnahmen :
Ist das Schuhwerk geeignet? Günstig bei Steharbeit ist ein flacher Absatz und ein verstärkter Fersenbereich. Eine Innensohle mit Fußbett und eine stoßdämpfende Laufsohle sollten selbstverständlich sein. Wer aufgrund Venenschwächen zu Krampfadern oder Ödemen neigt, sollte sich nicht genieren, Stützstrümpfe zu tragen.
Richtig stehen lernen – die wichtigsten Übungen
Gut zu wissen ist, dass man gegen Beschwerden infolge Steharbeit selbst etwas tun kann. Arbeitsmediziner empfehlen einfache Dehnungs- und Ausgleichsübungen wie die Fußwippe oder den Zehenspitzenstand. Einige Unfallversicherer und Krankenkassen beschäftigen spezialisierte Ergonomieberater, die kostenlos in den Betrieb kommen und solche Übungen zeigen. Sie informieren auch, durch welche kleinen Tricks man die Belastungen beim Stehen verringert, etwa durch Abwechseln von Stand- und Spielbein, das Vermeiden durchgedrückter Knie oder den Thekenstand, bei dem ein Fuß höher auf einer Kiste oder ähnlichem lagert. Sich nach Steharbeit „stehend k.o.“ zu fühlen und gesundheitliche Probleme zu entwickeln, das muss nicht sein.