Interview: „Autos werden Betriebe effizienter machen“

Zugehörige Themenseiten:
Transporter

Volker Mornhinweg, Leiter der Sparte Vans bei Mercedes-Benz, bescheinigt dem Dieselmotor noch ein langes Leben. Für die Zukunft glaubt er aber an E-Mobilität und Konnektivitätslösungen.

  • Bild 1 von 4
    © Christian Mader
    Volker Mornhinweg (56) ist Leiter des Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Vans als Executive Vice President. Seine Ausbildung begann er als Maschinenschlosser im Werk Sindelfingen. Nach Studium der Feinwerktechnik war er als Fertigungsverfahrensingenieur in verschiedenen Bereichen in Sindelfingen tätig. Es folgten verschiedene Stationen im Unternehmen mit unterschiedlichen Projekten.
  • Bild 2 von 4
    © Christian Mader
    „Handwerker rechnen mit spitzem Bleistift, da bleibt der Diesel erste Wahl.“
  • Bild 3 von 4
    © Christian Mader
  • Bild 4 von 4
    © Christian Mader

Stuttgart-Untertürkheim, hier dominiert Daimler. Fabrikgebäude, Büro- und Verwaltungskomplexe, alle tragen den Stern. Das Büro von Volker Mornhinweg, Leiter von Mercedes-Benz Vans, hat einen atemberaubenden Blick auf das Werksgelände, das Daimler-Museum und das Stuttgarter Fußballstadion.

Es gibt rund eine Million Handwerksbetriebe in Deutschland. Für die meisten gehören Transporter zu den wichtigsten „Werkzeugen“. Wie wichtig ist für Mercedes-Benz die Zielgruppe Handwerk?

Mornhinweg: Wir haben unsere Kunden genau segmentiert und wissen, dass wir gut 25 Prozent unserer Fahrzeuge an Handwerker verkaufen. Damit ist klar, dass das Handwerk eine sehr wichtige Kundschaft für uns ist. Und die Handwerker gehen auch sehr qualifiziert mit unseren Fahrzeugen um, wir bekommen viel Feedback, wo uns gesagt wird, was gut ist und was sie da und dort gerne anders hätten.

Und was bietet Mercedes speziell für die Zielgruppe Handwerk an Service?

Wir haben zum Beispiel unseren Service in den Großstädten auf 24 Stunden erweitert, das gilt auch für Wochenenden. Dann haben wir die Serviceintervalle ausgedehnt, beim Transporter Vito sind das jetzt 40 000 Kilometer. Wir haben einen Hol- und Bringdienst für Fahrzeuge und stellen auch Mietfahrzeuge zur Verfügung.

Das wichtigste Kaufkriterium bei Handwerkern?

Natürlich gibt es Kunden, die in erster Linie auf den Preis schauen, aber die Mehrheit der Handwerker will ein Gesamtpaket beim Autokauf. Dazu zählen Qualität, das Image der Marke, die Wertigkeit und der Service. Der Handwerker will ein Top-Produkt, so wie er es in seinem Unternehmen auch anbietet. Die passende Fahrzeugeinrichtung spielt hier eine wichtige Rolle. Wir haben Lösungen ab Werk entwickelt, die wir unter dem Stichwort „Van Solution“ anbieten.

Wie wird der Transporter aussehen, den Handwerker in zehn oder 20 Jahren fahren? Werden sie während der Fahrt von einem Kunden zum nächsten schon Rechnungen schreiben?

Wir müssen unsere Fahrzeuge in ein Gesamtsystem integrieren. Entscheidend wird sein, wie wir als Autobauer unsere Kunden in ihrem Geschäft unterstützen können. Zum Beispiel, indem der Fahrer weiß, wie sein Materialbestand im Fahrzeug ist, sprich, was er alles dabei hat. Oder welche Kunden er anfahren muss und welche Informationen er dafür braucht, wie lange er unterwegs sein wird und welche Staus es zu umfahren gilt. Wir bei Mercedes-Benz Vans werden unseren Kunden mit intelligenten Lösungen helfen, ihren Betrieb noch effizienter zu führen.

Und wann kommt der selbstfahrende Transporter?

Das wird sicher länger dauern als etwa beim Fernverkehr. Der Handwerker ist in erster Linie kein Logistiker. Er hat ständig neue Aufgaben zu bewältigen und ist somit in allen Straßen- und Verkehrssituationen unterwegs. Ich sehe das autonome Fahren im täglichen Handwerkereinsatz noch nicht unmittelbar.

Was würden Sie schon jetzt an Ausstattung für den Handwerkstransporter empfehlen?

Wir sehen bei unseren Kunden eine unterschiedliche Affinität zu Kommunikations- und Konnektivitätslösungen für ihren Transporter. Für viele ist es ein Muss, dass Navigation, eine USB-Schnittstelle und eine Freisprecheinrichtung im Fahrzeug sind. Alles Dinge, die die Fahrer effektiv unterstützen, beispielsweise auch in der Kommunikation mit ihrer Firmenzentrale. Bei anderen Kunden gibt’s noch Nachholbedarf.

Wird Konnektivität im Transporter geordert?

Ja, aber was noch stärker nachgefragt wird, sind die Sicherheitsfeatures.

Wie sind denn die aktuellen Verkaufszahlen bei den Vans von Mercedes-Benz?

Die sind sehr erfreulich. 2015 hat Mercedes-Benz Vans mit 321 000 Fahrzeugen einen neuen Rekordabsatz erreicht. Es war auch das erfolgreichste Sprinterjahr aller Zeiten mit rund 194 200 Einheiten. Beim Vito konnten wir weltweit um über 20 Prozent zulegen. Diese Zahlen zeigen, dass unsere global angelegte Strategie greift und wir ein sehr attraktives Produktportfolio auf der Straße haben.

Der Dieselmotor ist durch den Abgasskandal in Verruf geraten. Hat er noch Zukunft?

Der Gesetzgeber wird uns sicher auch in den nächsten Jahren die Messlatte bei den Emissionen höher legen. Uns gelingt es – mit hohem Aufwand – die Werte sowohl bei CO2 als auch Stickoxiden zu erfüllen. Gerade die Zielgruppe Handwerk rechnet mit spitzem Bleistift, und was die Gesamtkosten angeht, bleibt der Diesel aktuell die erste Wahl. Der Diesel ist nach meiner Einschätzung noch lange nicht tot. Für uns als Hersteller ist der Diesel wichtig, weil er die CO2-Werte niedrig hält, da kommt der Benziner nicht ran. Wir haben in den vergangenen Jahren die Verbrauchswerte bei Dieselfahrzeugen um über 30 Prozent verringern können.

Und was kommt nach dem Diesel?

Es wird meines Erachtens der Elektroantrieb sein, den wir ja bereits 2011 im Vito E-CELL als Erste in Serie verkauft haben – mit einem vielversprechenden Start. Die Hybridtechnik, also Verknüpfung von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb, sehe ich eher nicht. Das scheitert bei den Transportern schon an der Zuladung, die dann zu gering ausfällt.

Aber der Verkauf des Vito E-CELL ist eingestellt.

Die Kunden, vor allem auch die Handwerker, waren sehr zurückhaltend. Ich vermute, das lag auf der einen Seite am Anschaffungspreis im Vergleich zu den Verbrennungsmotoren, die mit den vielen Verbesserungen der vergangenen Jahre dem Kunden ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis bieten. Und es ist immer noch so eine Grundangst da, dass die Reichweite zu kurz ist und das Nachladen zu lange dauert, was der Freiheit, die gerade ein Handwerker für seinen flexiblen Tageseinsatz braucht, entgegensteht. Wir haben in diesem Projekt viel gelernt.

Ist das schon das Ende des Elektro-Transporters?

Nein, wir befragen Kunden kontinuierlich nach deren Kaufbereitschaft für Elektroantriebe, und wir haben die passende Technologie im Daimler-Konzern, die wir immer weiterentwickeln. Wir sind quasi aus dem Stand fähig, entsprechende Modelle anzubieten. Aber dazu muss die Nachfrage da sein. Ich persönlich glaube an die zukünftige E-Mobilität in den Innenstädten.

Was wird es 2016 Neues bei den Vans von Mercedes-Benz geben?

Wir arbeiten ständig an neuen Themen. Lassen Sie sich überraschen. Aktuell sind wir sehr erfolgreich mit unserem Sprinter, auch der Vito und die Kombivariante Vito Tourer sind stark nachgefragt und der Citan ist inzwischen etabliert, gerade auch als Handwerker-Edition.

Vita: Volker Mornhinweg (56) ist Leiter des Geschäftsbereichs Mercedes-Benz Vans als Executive Vice President. Seine Ausbildung begann er als Maschinenschlosser im Werk Sindelfingen. Nach Studium der Feinwerktechnik war er als Fertigungsverfahrensingenieur in verschiedenen Bereichen in Sindelfingen tätig. Es folgten verschiedene Stationen im Unternehmen mit unterschiedlichen Projekten.